Internationale Funkausstellung Berlin – IFA 1973
Vom 31. August bis 9. September 1973 fand die 29. „Internationale Funkausstellung“ IFA mit über 350 Ausstellern aus 24 Ländern statt. Rund 600.000 Besucher informierten sich über aktuelle Technik Trends. ITT Schaub-Lorenz präsentiert erstmals das Telespiel „Odysee“.

Stellen wir uns einen Fernsehabend im Jahr 1973 vor: Statt wie gewohnt die Nachrichten zu schauen, verwandelt sich der Bildschirm plötzlich in ein Spielfeld. Kein Film, keine Show – sondern ein Spiel, bei dem man selbst mitmacht. Genau das geschah, als die Magnavox Odyssey, die erste Heimkonsole der Welt, nach Deutschland kam.
Anfang der 1970er Jahre wurde die “Deutsche Funkausstellung” zur “Internationalen Funkausstellung” (kurz IFA) umbenannt. Die IFA hatte sich dabei zunehmend als eine der weltweit wichtigsten Veranstaltungen für neue Produkte etabliert. Alle 2 Jahre sollten dem internationalem Fachpublikum und Besuchern die neuesten technischen Errungenschaften vorgestellt werden:
Heimvideorekorder, Quadrophonie, Kamerarekorder, Verkehrsfunk und Teletext waren die Schlagworte in diesen Zeiten.
Die Technik war im Wandel: Transistoren hatten sich durchgesetzt, und viele Fernseher bekamen drahtlose Fernbedienungen, Sensortasten und modulare Bauweise. Japanische Firmen dominierten den Markt bei kleinen Farbfernsehern, doch auch deutsche Hersteller stellten tragbare Farbgeräte mit 36 cm Bilddiagonale vor. Führende Hersteller zu dieser Zeit waren GRUNDIG, TELEFUNKEN aber auch SCHAUB-LORENZ.
Neu war der Begriff „Audiovision“, unter dem erstmals Bildplatten und Videorekorder präsentiert wurden. Als Überraschung galt ein tragbarer, farbfähiger Kamera-Recorder – eine frühe Form des Camcorders.
Auch im Alltag hielten Neuerungen Einzug: Das erste Uhrenradio mit Digitalanzeige kam auf den Markt. Durch den Wegfall von mechanischen Bauteilen lief es lautlos und erlaubte eine minutengenaue Zeiteinstellung.
Im HiFi-Bereich stand der technische Komfort im Vordergrund: Receiver hatten zahlreiche Anzeigeinstrumente, Plattenspieler und Tonbandgeräte boten hochwertige Klangqualität. Kassettenrekorder erhielten praktische Funktionen wie den Auto-Reverse-Betrieb, der die Kassette automatisch in beide Richtungen abspielen konnte.
Neben Produktneuheiten gab es auch Sonderschauen: Eine „Musterwerkstatt“ zeigte den Service-Betrieb, und eine Ausstellung präsentierte Rundfunkgeräte aus fünf Jahrzehnten.
Impressionen und Fotos von der IFA 73




Schau Lorenz präsentiert das Fernsehspiel ODYSEE
Auf der Funkausstellung in Berlin präsentierte Schaub-Lorenz das „Wundergerät“ erstmals dem deutschen Publikum als Lizenzversion der US Firma MAGNAVOX, Für viele war es unvorstellbar: Zwei Menschen sitzen vor dem Fernseher, jeder mit einem kleinen Steuerpult, und bewegen weiße Quadrate über den Bildschirm. Dazu ein weiterer Punkt, der wie ein Ball hin- und herfliegt. Aus heutiger Sicht simpel – doch damals war es magisch.
Mit bunten Folien, die man einfach vor den Fernseher klebte, verwandelte sich das abstrakte Flackern in Tennisplätze, Rennstrecken oder Skipisten. Plötzlich konnte man zu Hause Fußball, Hockey oder Autorennen spielen – nicht im Stadion, sondern auf dem heimischen Röhrenfernseher.
Die Odyssey war mehr als nur Technik. Sie war ein Versprechen: dass der Fernseher nicht länger ein passives Medium sein musste. Man konnte eingreifen, steuern, gewinnen oder verlieren. Und sie weckte Fantasie – die Entwickler dachten schon an Lichtgewehre für Schießspiele und sogar an Lernprogramme.

Die Odyssey funktionierte über Module, die ins Spielzentrum gesteckt wurden, und sie wurde an den Antenneneingang des Fernsehers angeschlossen – wie ein zusätzlicher TV-Kanal. Gespielt wurde mit einfachen Dreh- und Schiebereglern. Schaub Lorenz sprach in diesem Zusammenhang in Werbeanzeigen gerne vom „Vierten Programm“. Erfunden für die Magnavox Odyssey vom deutschstämmigen Ingenieur Ralph. H. Baer.
Die damals gängigen Zeitschriften „FUNKSCHAU“ und „FUNK TECHNIK“ ordnen dabei das System mehrfach ein und erläutern die Steuerungstechnik im Detail. In den jeweiligen Sonderausgaben wird auch ausführlich über die IFA 1973 und deren Produkte berichtet.

1973 überraschte ITT Schaub-Lorenz damit auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin mit einer Neuheit, die den Fernseher von einem reinen Zuschauermedium in ein interaktives Erlebnis verwandelte: der Odyssee.
Was sich dahinter verbarg, war ein elektronischer Spielesimulator – eine Heimkonsole, die man einfach an die Antennenbuchse eines beliebigen Farb- oder Schwarz-Weiß-Fernsehers anschloss. Keine Umbauten, kein Spezialgerät: Der Fernseher selbst wurde zum Spielfeld.
Auf dem Bildschirm erschienen einfache Formen – leuchtende Quadrate, die als Spielfiguren dienten. Zwei Spieler steuerten diese über eigene Pulte und konnten damit ein weiteres Quadrat, den „Ball“, beeinflussen. Mit diesem simplen Prinzip ließen sich viele verschiedene Spiele darstellen.
Zum Lieferumfang gehörten neben dem Spielzentrum und zwei Steuerpulten auch bunte Bildschirmfolien, Programmkarten und Zubehör. Mit diesen Hilfsmitteln wurden die weißen Quadrate zum Herzstück von Tischtennis, Tennis, Fußball, Volleyball, Eishockey, Ski oder sogar „Unterseeboot“-Abenteuern. Sogar futuristische Weltraumrennen oder Gesellschaftsspiele wie „Peter sagt“ waren möglich.
Technisch war die Odyssee für die damalige Zeit beeindruckend. Das Gerät bestand aus über 30 Transistoren, einem Thyristor und mehr als 30 Dioden. Gespeist wurde es von sechs Babyzellen, die über 100 Stunden Spielspaß erlaubten. Das Videosignal wurde auf Kanal 3 oder 4 ausgestrahlt, und mit einer Umschaltbox konnte man bequem zwischen Fernsehen und Spielen wechseln.
Auch wenn die Grafiken nur aus Quadraten und Linien bestanden, war die Wirkung revolutionär: Zum ersten Mal konnten Fernsehzuschauer aktiv ins Geschehen eingreifen. Mit der Odyssee begann in Deutschland die Geschichte des Videospiels – und damit ein kulturelles Phänomen, das bis heute anhält.

WANTED – GESUCHT
Für unsere Sammlung suchen wir eine original verpackte Konsole „SCHAUB LORENZ ODYSEE“. Sachdienliche Hinweise bitte an uns. Dankeschön.
Quellen und weitere Recherchemöglichkeiten:
Veröffentlichungen und Artikel:
- „Fernseh Zusatzgerät ermöglicht Spiele“, In: Funk-Technik – Ausgabe Nr.12, 1972,S464
- „Fernsehbildschirm jetzt auch Spielfeld“. In: Funk-Technik. Nr. 17, 1973, S. 626.
- G.Bless „Odysee – ein elektronischer Spielesimulator“, In: Funk-Technik Nr.24, 1973, S.928-932
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